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30.04.2022 - 09:30

Der „Mister“ wechselt vom Eis an den Schreibtisch

Unsere #7 sagt „Servus!” – und übernimmt direkt eine neue Herausforderung - ein Interview.

40 mal DEL, 300 mal zweite Liga, 417 mal Oberliga – das sind die beeindruckenden Zahlen einer beeindruckenden Karriere, die 2006 in Peiting ihren Anfang genommen hatte. Natürlich stehen auch noch Stationen in Übersee in der Vita unseres nun ehemaligen Kultstürmers (James) Ty Morris. Der Mann, der am 2. Februar 1984 in Millet, Alberta, Kanada geboren wurde, hat das Eis natürlich dort kennen und lieben gelernt: „Ich habe damals mit vier Jahren angefangen.“, erzählt er. „Jede kleine Ecke in Kanada hat Eisflächen, viel Freiluft! Meine Mama hat mich da hin gebracht und ab Tag 2 hat mich niemand mehr vom Eis gekriegt. Ich bin aber sicher, dass mein Vater ihr da was gesagt hat.“, schmunzelt der heute 38 – Jährige. Sein Vater hat uns übrigens zur Saisonabschlussfeier besucht, Chapeau Mr. Morris sen.!

 

Es folgten u.a. die „Leduc Sun Oil Barons“, die „St. Albert Saints“, „Swift Current Broncos“ oder die „South Carolina Stingrays“.  „Ich habe nie auf Statistiken geschaut, sondern mich einfach jeden Tag gefreut, mit den Jungs in den verschiedenen Mannschaften aufs Eis zu gehen. Zahlen sind Zahlen – nicht mehr.“ – und doch trugen im seine Statistiken im Jahr 2003 einen Draft von den „Vancouver Canucks“ (NHL) ein. „Dass ich Profi werde oder Geld mit Eishockey verdiene, war nie mein Gedanke. Ich wollte nur das Spiel spielen, denn es hat mir immer sehr viel Spaß gemacht und ich wollte nutzen, was mir möglich war.“, blickt Ty zurück. Und 2006 kam sowieso alles anders: sein Karriere- und Lebensweg wechselte den Kontinent und änderte sich damit komplett. „Deutschland war eine spontane Entscheidung. Ich war daheim in Kanada, kannte aber mehrere Leute, die Europaerfahrung hatten (u.a. Geoff Ward (NHL) oder Larry Mitchell (DEL)). Das hat mich gereizt, nach Europa schauen, kucken was da passiert.“, erzählt er. Und er hatte nie Grund, diesen Schritt zu bereuen.  „Diese Entscheidung war super! Ich habe schon drei Monate nachdem ich herkam meine heutige Frau kennengelernt, der Rest mit ihr ist Geschichte.“, schwärmt der mittlerweile mehrfache Familienvater. „Deutschland ist wunderschön, jetzt habe ich meine Heimat geändert und bin Deutscher durch und durch.“ – eine Tatsache, von der wir mit Stolz behaupten, einen großen Anteil daran zu haben, denn Morris‘ allererste Deutschlandstation war 2006 eben unser Eissportclub Peiting. Schon damals sollte sich andeuten, wie wichtig er werden würde (52 Spiel, 68 Punkte und satte 174 Strafminuten).

Jetzt, 16 Jahre später schließt sich der Kreis. Nach Bad Nauheim, Landsberg, Miesbach, Bietigheim, Ravensburg, München und Landshut gebührt diese Ehre wieder seinem Heimatverein, dem EC Peiting. „Ich habe aufgehört, weil ich nichts mehr beweisen muss.“, so Morris klipp und klar. „Ich bin glücklich mit meiner Karriere. Außerdem bin ich gesund und möchte das, was von meinem Körper noch übrig ist jetzt meiner Familie geben. Sie standen immer hinter mir, auch in schweren Zeiten. Jetzt ist die richtige Zeit ihnen etwas zurückzuzahlen.“

Dabei hat jede einzelne Station einen besonderen Platz in seinem Herzen: „Die erste Liga in Deutschland (DEL) war ein riesen Highlight.“, gibt er zu. „Das war das erste Jahr mit meinem deutschen Pass und zugleich eines der schönsten Jahre, denn wir haben viele Freunde gewonnen und Connections, die bis heute bestehen. Ich konnte zeigen, dass DEL für mich möglich war.“ – 40 Spiele wurden es in der Landeshauptstadt. „Landshut ist definitiv meine zweite Heimat. Die Stadt, der Club haben mir alles gegeben. Ich bin immer noch gerne dort. Landshut wird immer in meinem Herzen bleiben!“, erzählt er weiter. Eine Tatsache, die auch nach Tys Wechsel von Landshut zurück ins „gallische Dorf“ bestens sichtbar war, als ihm trotz mehrerer Treffer gegen den EVL „standing ovations“ und Sprechchöre zuteil wurden. Sogar Blumen flogen nach Abpfiff aus dem Gästeblock in seine Richtung. Und dennoch: „Peiting bedeutet mir alles. Der ECP ist mein Heimatverein, hier hat alles begonnen – und es endet jetzt hier.“, so Morris. Und auch wenn unsere Fanbase nie die größte war oder wahrscheinlich jemals sein wird, lobt er Peitings Menschen und die Treuesten der Treuen: „Sie sind immer dabei, ob gut oder schlecht. Den Namen Peiting verbindet jeder mit Eishockey. Es freut mich, dass so ein kleines Dorf immer wieder eine gute Rolle spielt und mein Name damit verbunden ist.“

„Mein schönster Peiting – Moment?“, klar, dass diese Frage kommt. Lange überlegen muss Ty dabei nicht: „Natürlich die PlayOffs 2015/16. Auswärts Bad Tölz: Verlängerung, Toni Saal Tor, wir weiter. Das war etwas Besonderes, sehr emotional. Mit den Fans, feiern im Stadion und im Stüberl. Das werde ich nie vergessen.“, lächelt der Mann, der selbst mit einem Treffer damals Anteil an diesem Auswärtssieg hatte.„Umgekehrt war das PlayOff – Aus gegen Herne per Sweep echt übel. Irgendwas ist da einfach schief gegangen, wir hatten für diese Saison mehr geplant, aber es lief da nicht mehr in unsere Richtung.“

Jetzt ist aus dem Spieler Ty Morris also der Teammanager Ty Morris geworden. Ganz aufhören ist unter dem Strich doch nicht möglich. Das beweisen zahlreiche Beispiele, u.a. Toni Saal, Larry Mitchell, Tim Regan, Marco Sturm, Toni Söderholm und Viele mehr. „Eishockey ist meine Liebe, da stecke ich alles rein. Der Sport hat mir alles gegeben und nun gebe ich das zurück. Jetzt will ich dem Club helfen, den jungen Spielern helfen, dass sie vielleicht eine Karriere haben können wie sie mir vergönnt war. Aber ich weiß, das wird viel Arbeit.“, gesteht er. „Ich hatte nicht unbedingt auf dem Zettel, gleich eine solche Rolle zu bekommen. Spannend ist es auf jeden Fall. Es fühlt sich anders an, denn man muss Entscheidungen treffen, Spieler verpflichten etc. . Vorher musste ich nur bereit sein zu spielen, fit sein. Jetzt bist du die ganze Zeit im Kopf beim Team, beim Verein. Was können wir besser machen, was ist die smarteste Entscheidung im Sinne des ganzen Standorts? Jetzt wird es ein 24 – Stunden – Job.“, für den wir dir viel Erfolg wünschen!

Das Interview führte Simon Fritzenschaft